Implementierung von Notfallkrankenwagen (N-KTW) zur Entlastung des Rettungsdienstes

Ein Rettungswagen im Winter

Der Rettungsdienst in Deutschland steht vor erheblichen Herausforderungen: Steigende Einsatzzahlen, begrenzte Ressourcen und zunehmender Personalmangel setzen die Rettungsdienststrukturen zunehmend unter Druck. Insbesondere nicht lebensbedrohliche Einsätze beanspruchen wertvolle Kapazitäten, die für akute Notfälle dringend benötigt werden. Ein Lösungsansatz, der in einigen Regionen bereits getestet wurde, ist die Einführung von Notfallkrankentransportwagen (N-KTW). Dieses neue Einsatzmittel könnte entscheidend dazu beitragen, die Versorgung effizienter zu gestalten und den Rettungsdienst nachhaltig zu entlasten.

Herausforderungen im Rettungsdienst

Die wachsenden Einsatzzahlen im Rettungsdienst sind auf mehrere Faktoren zurückzuführen:

  1. Demographischer Wandel: Der Anteil der über 65-Jährigen in der Bevölkerung steigt kontinuierlich. Diese Bevölkerungsgruppe benötigt häufiger medizinische Betreuung, wodurch die Einsatzhäufigkeit zunimmt.
  2. Veränderte Nutzung des Rettungsdienstes: Viele Patientinnen und Patienten alarmieren den Rettungsdienst, um kurzfristig Beschwerden abklären zu lassen – auch dann, wenn keine akute Lebensgefahr besteht. Dies liegt oft daran, dass ambulante Versorgungsangebote in vielen Regionen reduziert wurden oder schwer zugänglich sind.
  3. Längere Transportzeiten: Die zunehmende Zentralisierung und Spezialisierung der Krankenhauslandschaft führt dazu, dass Krankenhäuser mit umfassender Versorgung weiter entfernt liegen. Dadurch binden längere Transportwege die Einsatzmittel erheblich und verzögern ihre Rückkehr in den eigenen Versorgungsbereich.
  4. Rechtliche Unsicherheiten: Vor Ort hat der Rettungsdienst oft nur zwei Optionen: Entweder die Patientinnen und Patienten ins Krankenhaus zu bringen oder sie ohne weitere Behandlung zu Hause zu lassen. Letzteres ist rechtlich und medizinisch oft riskant, weshalb häufig ein Transport erfolgt – auch wenn dies nicht zwingend notwendig wäre.

Notfall-KTW: Ein neues Einsatzmittel zwischen Notfallrettung und Krankentransport

Ein Notfallkrankentransportwagen (N-KTW) schließt die Lücke zwischen der Notfallrettung durch Rettungswagen (RTW) und dem klassischen Krankentransport (KTW). Die Fahrzeuge sind dafür ausgelegt, Patientinnen und Patienten zu betreuen, deren Beschwerden nicht zeitkritisch sind, die aber dennoch zeitnah medizinische Versorgung und Betreuung benötigen.

Vorteile der N-KTW

  1. Entlastung der Rettungswagen (RTW): Durch die Übernahme weniger akuter Einsätze bleiben RTW für zeitkritische Notfälle verfügbar. Dies kann die Versorgung lebensbedrohlicher Patienten beschleunigen.
  2. Schnelle Versorgung nicht zeitkritischer Patienten: Patienten mit Beschwerden, die eine ärztliche Betreuung erfordern, aber keine unmittelbare Lebensgefahr bedeuten, profitieren von kürzeren Wartezeiten.
  3. Effizientere Ressourcennutzung: Die N-KTW können durch gezielte Einsatzplanung optimal in die Rettungsdienststrukturen integriert werden. Dies reduziert unnötige Belastungen der RTW und sorgt für eine bessere Ressourcenallokation.
  4. Kosteneffizienz: Die Besetzung mit Rettungssanitätern und eine etwas geringere Ausstattung im Vergleich zu RTW machen N-KTW zu einer kostengünstigen Alternative bei nicht zeitkritischen Einsätzen.

Rahmenbedingungen für die Implementierung

Für die erfolgreiche Einführung von Notfall-KTW sind bestimmte rechtliche, organisatorische und technische Voraussetzungen notwendig:

  1. Klare Einsatzkriterien: Die Leitstellen müssen wissen, wann ein N-KTW anstelle eines RTW eingesetzt werden kann. Dazu sind standardisierte Abfragesysteme notwendig, die Einsatzstichworte wie „nicht zeitkritisch“ oder „stabile Vitalwerte“ erkennen und automatisch N-KTW disponieren.
  2. Personelle Besetzung: N-KTW sollten von zwei Rettungssanitätern besetzt sein. Zusätzlich muss eine ärztliche Rückfallebene telefonisch erreichbar sein, um unklare Fälle oder Transportverweigerungen rechtssicher zu klären.
  3. Erweiterte Fahrzeugausstattung: Die Ausstattung der N-KTW muss über die eines Krankentransportwagens hinausgehen. Sie sollten in der Lage sein, eine Basisversorgung bei akuten Verschlechterungen zu gewährleisten – insbesondere bei Patienten, deren Zustand sich während des Transports verändert.
  4. Rechtliche Grundlagen: In Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen fehlen derzeit rechtliche Regelungen zur Einführung von N-KTW. Es bedarf einer Anpassung der Gesetze, um die Einsatzmöglichkeiten dieser Fahrzeuge verbindlich zu regeln und ihre Integration in die bestehenden Strukturen zu erleichtern.

Praxisbeispiele und Empfehlungen

In einigen Regionen Deutschlands werden N-KTW bereits eingesetzt, um den Rettungsdienst zu entlasten. Erste Ergebnisse zeigen, dass diese Fahrzeuge vorwiegend bei nicht zeitkritischen Einsätzen und in Gebieten mit langen Anfahrtswegen besonders effektiv sind.

Wichtig ist jedoch, dass:

  1. Die Leitstellen geschult werden, um N-KTW optimal zu disponieren.
  2. Eine enge Abstimmung mit den Krankenhäusern*erfolgt, damit die Transportwege effizient gestaltet werden können.
  3. Der Einsatz von N-KTW regelmäßig evaluiert wird, um die Effizienz und die Wirkung auf die Verfügbarkeit von RTW zu überprüfen.

Fazit

Die Einführung von Notfall-KTW bietet eine vielversprechende Möglichkeit, den Rettungsdienst zu entlasten und gleichzeitig eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Durch klare Einsatzkriterien, eine sinnvolle Ausstattung und eine strukturierte Integration in bestehende Abläufe können N-KTW sowohl die Verfügbarkeit von RTW erhöhen als auch die Versorgung weniger akuter Patienten verbessern.