Methoden der Rettungsdienstbedarfsplanung: Risiko- und frequenzabhängige Bemessung
Die Bemessung der Rettungsmittel im Rettungsdienst spielt eine zentrale Rolle, um eine angemessene Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Zwei weit verbreitete Methoden zur Bemessung basieren auf dem Risiko und der Häufigkeit von Einsätzen. Beide Modelle haben jedoch ihre methodischen Schwächen und stellen die Realität nicht immer exakt dar. Nachfolgend wird erläutert, wie diese Modelle funktionieren und welche Herausforderungen sie mit sich bringen.
Mathematisches Modell und Berechnungsmethode
Die risikoabhängige Bemessung basiert auf einem Poisson-Prozess, der die Häufigkeit von Notfalleinsätzen modelliert. Hierbei wird die Einsatzrate mit der mittleren Einsatzdauer multipliziert, um eine Art „Zeitbedarf“ zu berechnen. Auf dieser Basis werden die Wiederkehrzeiten für Notfälle prognostiziert. Allerdings ist dies mathematisch problematisch, da die Poisson-Verteilung diskret und nicht stetig ist und die Berechnung der Wiederkehrzeit oft nicht exakt das tatsächliche Risikoprofil widerspiegelt.
Die frequenzabhängige Bemessung errechnet die stündliche Auslastung auf Grundlage der Einsatzhäufigkeit und Einsatzdauer. Aus diesen Daten wird die benötigte Anzahl an Rettungsmitteln abgeleitet. Allerdings entstehen auch hier Ungenauigkeiten, besonders im Krankentransport, wo geplante Fahrten oder Duplizitäten auftreten, die in der Modellierung nicht immer erfasst werden. Eine perfekte Disposition aller Einsätze ist zudem in der Praxis kaum umsetzbar, was die Anwendbarkeit des Modells einschränkt.
Anwendung durch den Rettungsdienstträger
Viele Rettungsdienstträger nutzen eigene Tabellenkalkulationen, um diese Modelle selbst anzuwenden. Dabei ist es jedoch unerlässlich, die genannten methodischen Schwächen zu kennen, um Fehleinschätzungen in der Bemessung zu vermeiden. Ein fundiertes Fachwissen ist erforderlich, um die Ergebnisse richtig interpretieren zu können und die Modelle gegebenenfalls anzupassen.
Durchführungsintervall und Indikatoren für Neubemessungen
Die Überprüfung der Bemessung sollte jährlich erfolgen, insbesondere im Rahmen der Qualitätskontrolle des Rettungsdienstes. Darüber hinaus geben sinkende Erreichungsgrade oder eine hohe Auslastung Hinweise darauf, dass eine Neubemessung erforderlich sein könnte. Die relevanten Parameter zur Neubemessung sind in der Regel bereits in den täglichen Einsatzdaten des Rettungsdienstes vorhanden und können ohne großen Aufwand erfasst werden.
Organisatorische Bedingungen
In der Planung sollte der Ziel-Erreichungsgrad bei der Kapazitätsplanung keine Rolle spielen, da die zugrunde liegenden Modelle nicht dafür geeignet sind, diesen Wert präzise zu berechnen. Stattdessen sollte sich die Planung auf Wiederkehrzeiten und die Verfügbarkeit von Rettungsmitteln fokussieren. Insbesondere im Krankentransport ist es wichtig, dass die Dispositionsprozesse optimiert werden, um eine effiziente Nutzung der Ressourcen sicherzustellen.
Infrastrukturelle Bedingungen
Die Planung des Rettungsdienstes erfolgt in zwei Schritten: Zunächst wird die Flächenabdeckung geprüft, um mögliche Anpassungen der rettungsdienstlichen Infrastruktur zu ermitteln. Im zweiten Schritt wird die Vorhaltung der Einsatzmittel für die festgelegten Versorgungsbereiche bemessen. Diese Modelle berücksichtigen jedoch keine Überschneidungen von Einsatzgebieten, was zu weiteren Optimierungsmöglichkeiten führen könnte.
Optimierungspotenzial
Die bisherigen Modelle zur risiko- und frequenzabhängigen Bemessung sind aus mathematischer Sicht fehleranfällig und daher nicht ideal für eine belastbare Planung. Der Fokus auf Auslastung und Wiederkehrzeiten reicht nicht aus, um die tatsächliche Einsatzsituation realistisch abzubilden. Für eine moderne, präzise Planung sind daher neue, wissenschaftlich validierte Modelle erforderlich, die dynamische Veränderungen im Einsatzgeschehen berücksichtigen können.
Notwendige Datengrundlagen
Für eine sinnvolle Anwendung der Bemessungsmethoden sind detaillierte Strukturdaten des Rettungsdienstes sowie eine belastbare Einsatzdokumentation erforderlich. Diese Daten ermöglichen es, den Ressourcenbedarf präzise zu ermitteln und Anpassungen vorzunehmen.
Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse
Die Ergebnisse der Bedarfsplanung basieren auf der Wiederkehrzeit von Notfällen und der stündlichen Auslastung der Rettungsmittel. Diese Metriken sind nicht immer direkt auf die Zielvorgaben, wie den Erreichungsgrad, übertragbar. Daher kann die Nachvollziehbarkeit und Transparenz der Ergebnisse leiden, was zu Schwierigkeiten bei der Bewertung und Kommunikation der Planung führen kann.
Validierung und praktische Anwendung
Es gibt bisher keine belastbaren wissenschaftlichen Studien, die diese Methoden umfassend validiert haben. Die Modelle haben sich zwar in der Praxis etabliert, ihre methodischen Schwächen werden jedoch zunehmend kritisiert, insbesondere angesichts der wachsenden Anforderungen an den Rettungsdienst.
Zeitaufwand und Durchführung der Bemessungsmethode
Der zeitliche Aufwand für die Durchführung der Bemessung hängt maßgeblich von der Verfügbarkeit und Qualität der notwendigen Daten ab. Sobald diese vorliegen, kann die Berechnung relativ zügig erfolgen. Dennoch ist es wichtig, die Datenqualität kontinuierlich zu überwachen, um die Aussagekraft der Bemessung zu gewährleisten.
Kostenprognose
Die Kosten für die Anwendung dieser Bemessungsmethode variieren je nach Umfang des Projekts und den spezifischen Anforderungen. Faktoren wie die Größe des Rettungsdienstbereichs, die Datenverfügbarkeit und der notwendige Beratungsaufwand spielen eine Rolle bei der Kostenkalkulation.
Erfahrungswerte
Die risiko- und frequenzabhängigen Bemessungsmethoden werden in Deutschland seit vielen Jahren angewandt und sind weit verbreitet. Dennoch zeigen die aktuellen Herausforderungen im Rettungswesen, dass diese Methoden ihre Grenzen haben. Die methodenbedingten Defizite werden immer deutlicher und erfordern dringend eine Weiterentwicklung und Anpassung an die realen Gegebenheiten.
Fazit
Die risiko- und frequenzabhängigen Bemessungsmethoden haben sich in der Praxis etabliert, zeigen jedoch erhebliche Schwächen, insbesondere im Hinblick auf ihre mathematische Korrektheit und die Abbildung der realen Einsatzsituation. Für eine zukunftsfähige Planung des Rettungsdienstes sind modernere Modelle erforderlich, die dynamische Veränderungen und realitätsnahe Dispositionsprozesse berücksichtigen können.