Schutz- und Planungsziele für Feuerwehren

Das Schutzziel einer Feuerwehr soll die Leistungsfähigkeit und damit die Qualität einer Feuerwehr beschreiben. Es dient einerseits als Qualitätsvorgabe sowie als Qualitätskontrolle. Bei der Qualitätsvorgabe wird die Feuerwehr planerisch so aufgestellt, dass sie die Qualitätsziele erreichen kann. Bei der Qualitätskontrolle wird anhand von vergangenen Einsätzen geprüft, ob die Qualitätsziele erreicht wurden.
Schutzziele sind das zentrale Planungsinstrument in der Bedarfsplanung und entscheiden bei Feuerwehren über die Anzahl und Verteilung der Standorte sowie das erforderliche Personal.
Bestandteile des Schutzzieles
Ein Schutzziel im Rahmen der Bedarfsplanung besteht in der Regel mindestens aus den folgenden Bestandteilen:
- Festlegung der einzuhaltenden Zeitintervalle
- Festlegung der erforderlichen Funktionsstärke und Funktionen
- Festlegung eines Erreichungsgrades
Szenarien als Grundlage für die Schutzzieldefinition
Einem Schutzziel zugrunde liegt immer ein Szenario, aus dem die erforderlichen Funktionsstärken und Funktionen hergeleitet werden. Im Gegensatz hierzu ergeben sich die einzuhaltenden Zeitintervalle und Erreichungsgrade nicht aus den Szenarien. Die Festlegung dieser Parameter ist eine Aufgabe der politischen Entscheidungsträger, die sich jedoch am Stand der Technik und an den jeweils gültigen Rechtsvorschriften orientieren muss.
Das AGBF-Schutzziel
Als Grundlage für die Schutzzieldefinition werden in der Regel die Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF Bund) für Qualitätskriterien für die Bedarfsplanung von Feuerwehren in Städten herangezogen. Diese sehen vor, dass bei dem Szenario „Kritischer Wohnungsbrand“ eine erste Einheit der Feuerwehr mit 10 Funktionen spätestens 8 Minuten nach Alarmierung an der Einsatzstelle eintreffen soll. Diese erste Einheit muss spätestens nach 13 Minuten durch eine zweite Einheit mit 6 Funktionen auf insgesamt 16 Funktionen ergänzt werden. Als Zielerreichungsgrad empfiehlt die AGBF 90 Prozent, da in der Regel bei einem Teil der Einsätze das Schutzziel aufgrund von unvorhergesehenen Bedingungen (z. B. Falschparker) verfehlt wird. Das AGBF-Schutzziel kann als Stand der Technik betrachtet werden.
Differenzierung des Schutzzieles
In den vergangenen Jahren wurde im Rahmen der Bedarfsplanung etabliert, nicht mehr nur ein Schutzziel für das Szenario kritischer Wohnungsbrand festzulegen, sondern die Schutzziele zu differenzieren, um ein gleichmäßiges Schutzniveau zu gewährleisten. Die Differenzierung erfolgt dabei räumlich nach der vorherrschenden Gefährdung, nach der Einsatzart und häufig auch nach dem Meldebild (Einsatzstufe).
Die räumliche Differenzierung anhand der Gefährdung gewährleistet verhältnismäßige Gefahrenabwehrstrukturen und ein gleichmäßiges Schutzniveau im gesamten Stadtgebiet. So ergeben sich in Abhängigkeit der Gebäudehöhe und -struktur unterschiedliche Anforderungen an die Eintreffzeit und Funktionsstärke. In Bereichen mit niedriger und offener Bebauung (ländliche Siedlungsstruktur) kann mit längeren Eintreffzeiten und geringeren Funktionsstärken dasselbe Schutzniveau erreicht werden, wie mit kürzeren Eintreffzeiten und höheren Funktionsstärken in Bereichen mit hoher und geschlossener Bebauung (städtische Siedlungsstruktur).
Die Differenzierung nach Einsatzart gewährleistet, dass die Funktionsstärken für unterschiedliche Einsatzarten adäquat sind. In der Regel werden hier Schutzziele für die Einsatzarten Brandbekämpfung, Technische Hilfeleistung, Gefahrstoffeinsätze (ABC/CBRN) und Wassernotfälle differenziert.
Die Differenzierung nach Einsatzstichwort oder etwa Gefahrenabwehrstufen stellt sicher, dass auch für kleine und mittlere Einsätze eine Qualitätsvorgabe und Qualitätskontrolle existiert. Auf diesem Weg können diese in die Planung der Gefahrenabwehrstrukturen einfließen, indem etwa Funktionen für ein Kleineinsatzfahrzeug geplant werden. Weiterhin erhöht die Einbeziehung von kleineren und mittleren Einsätzen in die Qualitätskontrolle die Aussagekraft der statistischen Auswertung.
Auch bei differenzierten Schutzzielen liegt jedem Ziel ein eigenes Szenario zugrunde. Diese werden im Bedarfsplan jedoch in der Regel nicht in dem Umfang wiedergegeben, wie es aktuell noch häufig mit dem kritischen Wohnungsbrand geschieht.
Fazit
Die Qualitätsvorgabe und Qualitätskontrolle für Feuerwehren beruhte früher in der Regel auf dem „Kritischen Wohnungsbrand“ als einzigem Szenario und den Qualitätskriterien der AGBF Bund als einzigem Schutzziel. Dies ist aufgrund neuer Erkenntnisse, unter anderem zum Einfluss der Bebauung auf die Erkundungs- und Entwicklungszeit (Beiblatt zu den Qualitätskriterien für die Bedarfsplanung von Feuerwehren in Städten vom 26.04.2023) und im Hinblick auf die angespannte Situation der kommunalen Haushalte nicht mehr haltbar. Eine moderne Bedarfsplanung für Städte mit Berufsfeuerwehren legt daher räumlich nach Gefährdung, nach Einsatzart und nach Einsatzstufe differenzierte Schutz- und Planungsziele fest. Diese gewährleisten, dass das durch die AGBF Bund normierte Schutzniveau im gesamten Stadtgebiet gleichmäßig gewährleistet ist und dass sowohl unterschiedliche Einsatzarten als auch unterschiedliche Einsatzstufen in der Planung berücksichtigt werden. Dies setzt den Grundstein für eine leistungsfähige, bedarfsgerechte und zukunftsorientierte Aufstellung der Feuerwehr.
Weitere Beiträge zum Thema:
- Prüfung von Brandschutzbedarfsplänen: Effizient und kostensparend zum belastbaren Dokument
- Festlegung von geeigneten Schutzzielen: Einfluss der Bebauung auf die Erkundungs- und Entwicklungszeit der Feuerwehr
- Das Fahrzeugkonzept in der Brandschutzbedarfsplanung: Von Grundausstattung bis Sonderfahrzeug