Synergien nutzen, gesetzliche Vorgaben erfüllen: Warum Übungen der Verwaltungsstäbe entscheidend sind
In Krisensituationen und bei Katastrophen tragen die unteren Katastrophenschutzbehörden (UKB) eine zentrale Verantwortung für die Gefahrenabwehr. Sie sind für die Koordination von Maßnahmen, die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen internen Fachbereichen und externen Partnern sowie die Sicherstellung einer schnellen und wirksamen Reaktion zuständig. Diese Aufgaben sind durch gesetzliche Vorgaben wie § 38 ThürBKG oder § 29 HBKG klar geregelt. Zu den wesentlichen Anforderungen gehören die Bildung von Verwaltungs- und Führungsstäben, die regelmäßige Aus- und Fortbildung der Akteure, die Erstellung und Fortschreibung von Alarm- und Einsatzplänen sowie die Durchführung von Katastrophenschutzübungen. Trotz dieser klaren Vorgaben zeigen praktische Erfahrungen sowie Aufarbeitungen von Katastrophen, dass es teils an Abstimmung und umfassender Vorbereitung fehlt.
Herausforderungen in der Praxis: Defizite in Planung und Wissensintegration
Die Arbeit in der administrativen Krisenbewältigung steht vor zahlreichen Herausforderungen, die nicht selten auf unzureichende Vorbereitungsmaßnahmen zurückzuführen sind. Insbesondere zeigen sich folgende Defizite:
- Veraltete oder unvollständige Einsatzpläne: Alarm- und Einsatzpläne werden nicht immer regelmäßig aktualisiert oder spiegeln die tatsächlichen Gegebenheiten und Bedürfnisse nicht ausreichend wider.
- Fehlende Wissensintegration: Häufig bleibt das Wissen über bestehende Analysen, Konzepte oder Planungen innerhalb einzelner Verwaltungen isoliert. Hierdurch fehlt teils eine umfassende Betrachtung und Abstimmung auf Stabsebene.
- Mangelnde Übungserfahrung: Die Mitglieder der Verwaltungsstäbe bringen Expertise aus ihrem jeweiligen Bereich mit, doch fehlt ihnen die praktische Erfahrung im Zusammenspiel mit anderen Fachbereichen unter Krisenbedingungen, wie sie durch Übungen erfahrbar sind.
Diese Defizite machen deutlich, dass ein systematischer Ansatz erforderlich ist, um die Handlungsfähigkeit der Verwaltungsstäbe nachhaltig zu verbessern.
Lösungsansatz: Katastrophenschutzbedarfsplanung und Szenarioworkshops
Ein bewährtes Mittel zur Lösung dieser Herausforderungen ist die Katastrophenschutzbedarfsplanung, die darauf abzielt, alle relevanten internen Akteure frühzeitig in die Planungsprozesse einzubeziehen. Dieses strukturierte Vorgehen schafft die Grundlage für eine praxisorientierte Vorbereitung auf unterschiedliche Krisenszenarien.
Kernbausteine der Katastrophenschutzbedarfsplanung:
- Integration interner Fachbereiche: Akteure aus den Bereichen Umwelt, Soziales, Gesundheit oder IT bringen ihre Expertise ein und arbeiten gemeinsam an der Entwicklung realistischer Lösungsansätze.
- Regelmäßige Szenarioworkshops: Diese simulieren plausible Krisensituationen und ermöglichen es, Schwächen in Kommunikation, Entscheidungsprozessen und Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen aufzudecken.
- Prüfung und Fortschreibung bestehender Pläne: Alarm- und Einsatzpläne werden systematisch auf ihre Aktualität und Praktikabilität hin überprüft und bei Bedarf angepasst.
- Förderung einer kooperativen Arbeitsweise: Gemeinsame Übungen stärken das Vertrauen der Beteiligten und verbessern die Abstimmung zwischen den Fachbereichen sowie mit externen Partnern.
Die Bedeutung von Wissensmanagement in der Gefahrenabwehr
Ein zentraler Bestandteil der Arbeit von Verwaltungsstäben ist ein effektives Wissensmanagement. Häufig existieren innerhalb der Stadt- oder Kreisverwaltung umfangreiche Analysen, Konzepte oder Strategien, die jedoch nicht immer allen relevanten Akteuren bekannt oder zugänglich sind. Szenarioworkshops und regelmäßige Übungen bieten hier eine Plattform, um bestehendes Wissen sichtbar zu machen und auf seine Praxistauglichkeit zu überprüfen.
Wesentliche Aspekte des Wissensmanagements:
- Prüfung der Anwendbarkeit: Analysen und Konzepte müssen unter realitätsnahen Bedingungen getestet werden, um ihre Wirksamkeit zu gewährleisten.
- Schaffung einer gemeinsamen Wissensbasis: Workshops fördern den Austausch zwischen Fachbereichen und sorgen dafür, dass alle Beteiligten über denselben Wissensstand verfügen.
- Vermeidung von Wissensverlust: Regelmäßige Übungen stellen sicher, dass kritisches Wissen nicht allein bei Einzelpersonen verbleibt, sondern teamübergreifend verfügbar ist.
Szenarioworkshops als Schlüssel zur Vorbereitung
Szenarioworkshops bieten einen geschützten Rahmen, in dem alle Akteure ihre Prozesse, Strukturen und Schnittstellen unter realitätsnahen Bedingungen testen und optimieren können.
Vorteile von Szenarioworkshops:
- Praxisnähe: Simulierte Szenarien wie Hochwasser, Stromausfälle oder Pandemien bereiten die Beteiligten auf spezifische Herausforderungen vor.
- Förderung der Zusammenarbeit: Die Akteure lernen, unter Stress effizient zu kommunizieren und gemeinsam Entscheidungen zu treffen.
- Aufbau von Netzwerken: Gemeinsame Übungen fördern das gegenseitige Verständnis und stärken die Verbindungen zwischen den Fachbereichen.
- Schwachstellenanalyse: Probleme in Ressourcenplanung, Entscheidungswegen oder Kommunikation werden identifiziert und behoben.
Zusammenarbeit zwischen Verwaltungs- und Führungsstab
Die enge Verzahnung von Verwaltungs- und Führungsstab ist essenziell für eine effektive Krisenbewältigung. Während der Verwaltungsstab administrative Aufgaben wie die Ressourcenbereitstellung, rechtliche Absicherung und strategische Planung übernimmt, ist der Führungsstab für die Umsetzung operativer Maßnahmen vor Ort verantwortlich. Diese Zusammenarbeit basiert in der Theorie auf einer klaren Stabsordnung, die Verantwortlichkeiten und Abläufe eindeutig definiert.
Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit:
- Klare Abgrenzung der Zuständigkeiten: Rollen und Aufgaben beider Stäbe müssen in der Stabsordnung präzise geregelt sein, damit im Ernstfall keine Unsicherheiten entstehen.
- Effiziente Kommunikationsstrukturen: Informationen sollten schnell, zielgerichtet und in verständlicher Weise zwischen den Stäben ausgetauscht werden, um reibungslose Abläufe zu gewährleisten.
- Gemeinsame Übungen: Die Vorgaben der Stabsordnung sind nur dann wirksam, wenn sie regelmäßig in der Praxis geübt werden. Szenarioworkshops bieten die Gelegenheit, Abläufe zu simulieren und die Zusammenarbeit zu optimieren.
Die Stabsordnung allein legt lediglich die theoretischen Grundlagen. In der Praxis wird ihre Wirksamkeit jedoch erst durch gemeinsame Übungen überprüft und weiterentwickelt. Regelmäßige Trainings ermöglichen es, Schwachstellen in der Anwendung aufzudecken, Prozesse zu verfeinern und das gegenseitige Verständnis zwischen Verwaltungs- und Führungsstab zu stärken. Nur so können die in der Stabsordnung definierten Strukturen im Ernstfall reibungslos funktionieren.
Fazit: Vorbereitung ist der Schlüssel
Effektive Stabsarbeit ist das Ergebnis konsequenter Planung, gezielter Übungen und eines funktionierenden Wissensmanagements. Szenarioworkshops und eine strukturierte Katastrophenschutzbedarfsplanung bieten eine ideale Möglichkeit, um sowohl die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung als auch die interkommunale Kooperation zu fördern. Durch die frühzeitige Integration verschiedener Akteure – etwa aus Bereichen wie Umwelt, Soziales, IT oder Gesundheit – können nicht nur interne Synergien geschaffen, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Verwaltungseinheiten nachhaltig gestärkt werden.
Dieses Vorgehen ermöglicht es Verwaltungen, den gesetzlichen Verpflichtungen, wie sie etwa in § 38 ThürBKG gefordert werden, nachzukommen und gleichzeitig die Effizienz und Resilienz ihrer Strukturen zu steigern. Die Integration aller relevanten Fachbereiche in die Einsatzplanung oder Workshops schafft eine Win-Win-Situation: Zum einen werden Abläufe und Kommunikationswege optimiert, zum anderen wird das Netzwerk der beteiligten Akteure gestärkt, was die Handlungsfähigkeit im Ernstfall erheblich verbessert.
Nur durch regelmäßige Übungen, die gezielte Anpassung von Konzepten und den kontinuierlichen Austausch zwischen den Beteiligten kann sichergestellt werden, dass Verwaltungen den vielfältigen Herausforderungen des Krisenmanagements gewachsen sind. Die Kombination aus rechtlicher Pflichterfüllung und praktischen Vorteilen unterstreicht, dass eine vorausschauende Vorbereitung nicht nur notwendig, sondern unverzichtbar ist.